Viele Antworten auf Gretchens Frage

Warum bleiben einige, obwohl doch so viele gehen? Die aktuelle Studie „Katholiken in Deutschland“ beantwortet diese Frage. Ende November wurden die Ergebnisse von der MDG Medien-Dienstleistung GmbH und dem Erzbistum München und Freising vorgestellt.

Die Studie entstand in Kooperation: Der MDG war es wichtig, Studienergebnisse über das gesamte Bundesgebiet und somit überdiözesan zur Einstellung von Katholiken zu erhalten, die (noch) in der Kirche sind. Das Erzbistum München und Freising ließ Daten über die Katholiken im eigenen Erzbistum erfassen. Die Daten wurden in zwei Schritten erhoben. Zunächst wurden qualitative Interviews durchgeführt. Die Ergebnisse dieser Interviews flossen in die Erstellung eines quantitativen Fragebogens ein. Mit diesem Fragenkatalog wurde eine repräsentative Befragung von deutschsprachigen Katholik*innen ab 18 Jahren durchgeführt. Bundesweit wurden 1.369 Personen befragt.

Ordinariatsrat Dr. Armin Wouters, Leiter der Stabsstelle Kommunikation des Erzbistums München und Freising, und die MDG-Beraterin Jana Goetzke stellen im Interview mit Birgit Pottler-Calabria Ergebnis und Nutzen der Studie vor.

Kirche schreibt negative Schlagzeilen und ist den großen Medien teilweise nicht einmal mehr das wert. Menschen kehren der Kirche den Rücken. Braucht es noch eine Studie, um das zu belegen?

Jana Goetzke, MDG:  Aus unserer Sicht braucht es genau deswegen eine Studie. Aber nicht eine Studie die Austritte belegt, sondern die die Frage stellt: Warum sind noch Menschen in der katholischen Kirche, trotz ihres tendenziell schlechten Images? Was hält diese Menschen? Diese Studie ist wie eine Brille unter vielen, mit der man auf die Katholiken blicken kann, um diese besser zu verstehen. Auf Basis des besseren Verständnisses kann dann überlegt werden, wie man Menschen noch besser für die katholische Kirche begeistern kann. Dies hat natürlich auch viel damit zu tun, wie sehr kirchliche Organisationen dazu bereit sind sich zu verändern, um auf die Menschen zuzugehen.

Dr. Wouters, Erzbistum München und Freising:  Eine Studie zum Stimmungsbild in der Gesellschaft braucht es sicher nicht. Dazu gibt es bereits viel Material und außerdem stehen wir ja auch sonst im Austausch mit den Menschen, in Pfarreien, bei Begegnungen und auch im schriftlichen Kontakt. Die Studie soll aber gerade den Blick etwas weiten und stellt deshalb die Frage, was Menschen eigentlich gut finden bzw. was sie an ihre Kirche bindet.

Viele Antworten auf die Gretchenfrage

Was sind die wichtigsten Erkenntnisse der bundesweiten Studie?

Dr. Wouters: Die Bindung an die Kirche, die Gemeinschaft der Glaubenden, vollzieht sich in drei Bereichen: Die Person Jesu Christi ist nach wie vor ein Bezugspunkt im eigenen Leben. Der Bezug zur Gemeinschaft hat unterschiedlich intensive Ausprägungen, deshalb gibt es auch unterschiedliche Formen der Verbundenheit. Wichtig ist auch die Suche nach Orientierung im Leben, die sich im großen Interesse an anlassbezogenen Angeboten niederschlägt. Die Aufrichtigkeit und Ehrlichkeit der handelnden Personen sowie die Qualität der Vollzüge spielt dabei eine wichtige Rolle.

Jana Goetzke:  Menschen sind aus vielfältigen Gründen Mitglied in der Kirche. Dies ist eigentlich keine umwerfend neue Erkenntnis. Aber die Studie versucht durch sieben Katholikentypen greifbar zu machen, wer genau mit welchen Einstellungen in der Kirche ist und welche Angebote der Kirche genutzt werden. Es gibt zum Beispiel einen sogenannten dienstleistungsorientierten Katholikentypen, dem es wichtig ist, dass die Kirche ihn zu wichtigen Festen wie der Hochzeit oder der Taufe begleitet. Im Sonntagsgottesdienst wird man einen solchen Katholikentyp tendenziell seltener treffen als zum Beispiel bekennende Katholiken. Für diesen Typen ist der Glaube und die Kirche im Alltag wichtiger.  Was die Forscher und uns doch überrascht hat, ist, dass viel mehr Menschen an Jesus Christus glauben, als die am Projekt beteiligten kirchlichen Verantwortlichen noch zu hoffen wagten.

Denkanstöße für die Pastoral

Eine gemeinsame Befragung für das katholische bayerische Erzbistum und bundesweit? Das ist doch ein Vergleich von Äpfeln mit Birnen, oder?

Dr. Wouters:  Die Unterschiede sind gar nicht so groß. Das Erzbistum ist ja nicht ein Sonderfall, isoliert von der restlichen deutschen kirchlichen wie gesellschaftlichen Realität. Und es geht ja nicht um einen Vergleich im Sinne von „besser oder schlechter“.

Jana Goetzke:  Die Methode der Untersuchung ist die gleiche, und letztlich ist die Grundaussage der Ergebnisse für das Erzbistum und bundesweit gleich. Die Ausprägungen sind nur etwas unterschiedlich. Uns ging es aber nicht hauptsächlich darum, einen Vergleich anzustellen, sondern in beiden Fällen eine Studie zu haben, mit der man anschließend gut arbeiten kann. Eine bundesweite Studie war wichtig, um Ergebnisse zu haben, die auch für andere kirchliche Organisationen und Bistümer nutzbar sind.

Dr. Wouters:  Für uns sind mit den Ergebnissen Denkanstöße gegeben, die wir nun in unsere sonstige Planung im Erzbistum einbeziehen können. Wichtig ist mir dabei immer, dass Studien Hilfsmittel zum Verstehen sind und einfach auch ergänzt werden müssen durch die Erfahrung und das Wissen, die ja sonst auch in einem Bistum vorhanden sind.
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<figcaption class=“csc-textpic-caption“>© Fotocollage: Erzbischöfliches Ordinariat München und Alan Richard Tobis</figcaption>

Was ist der Mehrwert der Ergebnisse? Oder anders gefragt: Welchen Auftrag hat jetzt die Katholische Kirche?

Jana Goetzke:  In der Sprache von Kommunikatoren: „nun können Zielgruppen besser definiert werden“. Um bei dem Bild mit der Brille zu bleiben: Auch in der Seelsorge kann durch die Studie schärfer gesehen werden, welche Bedürfnisse die Menschen haben.

Qualität zählt

Dr. Wouters:  Die Studie fließt ein in unsere gesamten Überlegungen zu einer zukünftigen Gestaltung der Pastoral im Erzbistum München und Freising. Sie hat nicht in allen Punkten Neues oder Überraschendes gebracht. Sie verstärkt bestimmte Richtungen. Insgesamt zeigt sie uns, dass wir auf die Qualität unseres Handelns achten müssen, auf dessen geistliche und theologische Fundierung und dies zugepasst auf sehr unterschiedliche und ausdifferenzierte Lebenssituationen. Dies reicht von praktischen Fragen wie der Erreichbarkeit eines kirchlichen Ansprechpartners bis hin zur Frage der Feier von Gottesdiensten zusätzlich zu den Kasualien. Und dies hängt davon ab, welche Ressourcen an Personal, Geld und Gebäuden uns zur Verfügung stehen werden.

Und was bietet die MDG zu den Ergebnissen der Studie an? Wovon profitieren unsere Kunden?

Die Studie bietet Anhaltspunkte, wovon die verschiedenen Typen sich angesprochen fühlen und was man den Typen liefern kann. Auf Basis dieser Studie können wir zum Beispiel mit unseren Kunden passgenauer erarbeiten, was für die Kommunikation und was für die Seelsorge wichtig ist.

Wir bieten daher Vorträge und Workshops an. Die Erkenntnisse werden aber auch in Aufträge einfließen, bei denen wir zum Beispiel eine Kommunikationsstrategie erarbeiten.

Kontakt

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Ansprechperson für alle Fragen und Anregungen:

Jana Goetzke
Tel.: 089/54 58 89-11
MDG Medien-Dienstleistung GmbH
goetzke(at)mdg-online.de

Die Studie ist zum kostenpflichtigen Download verfügbar oder kann als Print-Ausgabe erworben werden.