Kennzahlen im Buchhandel - Kennen, Verstehen und Nutzen!
Wareneinsatz, Inventur, Abwertung
„Die Höhe des Wareneinsatzes hängt mehr von der Inventur als vom Wareneinkauf ab.“ Stimmt das eigentlich?
Das Betriebsergebnis ist gleich Umsatz minus Wareneinsatz abzüglich aller direkten sowie der allgemeinen Kosten. Wie wichtig bei der Entscheidung über ein positives oder ein negatives Betriebsergebnis jeder Prozentpunkt des Wareneinsatzes ist, zeigt folgendes Beispiel: Ein Sortimenter erzielte bei einem Umsatz von T€ 850 Jahresumsatz ein Betriebsergebnis vor Steuern von +1,5 %. Das waren € 12.750 im Jahr. Der Wareneinsatz lag dabei bei 65,0 %. Steigt der Wareneinsatz aber nur um 1,0 % bei sonst gleichen Zahlen, fällt das Betriebsergebnis bereits auf € 4.250 zurück. Der „Kölner Betriebsvergleich“ wies übrigens für 2011 einen durchschnittlichen Wareneinsatz der allgemeinen Sortimenter von 68,5 % vom Umsatz aus. Dieser Wert ist viel zu hoch, um erfolgreich zu sein! Versuchen Sie, Ihren Wareneinsatz auf höchstens 65 % zu drücken!
Den Wareneinsatz kann ein Buchhändler auf verschiedene Arten beeinflussen. Dabei spielt der Wareneinkauf eine recht geringe Rolle: Nicht die Höhe des Wareneinkaufs beeinflusst den Wareneinsatz, sondern die mit dem Lieferanten ausgehandelten Konditionen der eingekauften Artikel. Er berechnet sich nämlich wie folgt:
Warenanfangsbestand (Bilanzwerte, Einkaufspreise)
- zzgl. Wareneinkauf und Bezugskosten,
- abzüglich Remissionen, erhaltene Skonti und Boni
- minus Warenendbestand (Bilanzwerte, EK-Preise).
Unter Position 1. werden zwar die eingekauften Waren hinzuaddiert, aber eben nur die Summe aller Lieferantenrechnungen. Wer höhere Rabatte ausgehandelt hat, verzeichnet somit geringere Einkaufsrechnungen und hat allein durch diese Rabatte einen geringeren Wareneinsatz.
Die Gesamtsumme der eingekauften Ware ist für die Höhe des Wareneinsatzes nicht von Bedeutung, denn am Jahresende werden alle übrigen Waren - also der Lagerendbestand aus der Inventur nach Abwertung der Ware - bei der Berechnung des Wareneinsatzes wieder abgezogen. Der Grund: „Wareneinsatz“, also die zur Erzielung des Umsatzes „eingesetzte“ Ware ist nur diejenige, die auch verkauft worden ist. Was am Lager bleibt, wurde nur eingekauft, nicht aber „eingesetzt“ zur Umsatzerzielung.
Welche Rolle spielt nun die Inventur und ihre Abwertung? Sie erhöht den Wareneinsatz! Denn durch die Abwertung der Ware wird der Lagerendbestand „kleingerechnet“ und somit wird am Ende unter Position 3. ein geringerer Warenendbestand abgezogen. Es gilt: „je höher die Abschreibung, umso höher der Wareneinsatz. Daraus folgt dann ein niedrigerer Rohertrag und ein schlechteres Betriebsergebnis.
Es stimmt also: die Inventur mit ihrer Warenabwertung beeinflusst den Wareneinsatz stärker als der Wareneinkauf.
Ist nun also eine hohe Abwertung nicht nachteilig, wenn durch sie das Betriebsergebnis schwächer ausfällt? Ein höheres Betriebsergebnis ist doch besser – oder nicht?
Dies hängt davon ab, wer sich alles für Ihr Betriebsergebnis interessiert. In erster Linie: Finanzamt und Banken. Sie selbst leben nicht allein vom Betriebsergebnis. Die Banken wollen ein gutes Ergebnis sehen, wenn Sie sie um einen Kredit bitten. Das Finanzamt freut sich über ein positives Ergebnis, weil dann, sobald der Freibetrag überschritten ist, Ertrags- bzw. Einkommenssteuern fällig werden. Wer nicht gerne mehr Steuern zahlt als er von Seiten der Finanzverwaltung her muss, sollte insbesondere die Möglichkeiten der Abwertung der Ware ausschöpfen, um dadurch ein so geringes Betriebsergebnis wie erlaubt auszuweisen und zur Versteuerung anzumelden.
Dass die Inventur nicht gerade der Höhepunkt des Jahres ist, dieser Meinung sind alle Einzelhändler und auch die Sortimenter. Sobald die Zählarbeit getan ist, geht es an’s Abwerten der Ware. Was sind nun die Bestimmungen der Finanzverwaltung hinsichtlich der Warenbewertung? Der Börsenverein des Deutschen Buchhandels informierte in seinem newsletter vom August 2012 über folgende neue Regelung, die mit dem Bundesland Bayern als neuem Hauptort für den Sortimentsbuchhandel ausgehandelt worden ist.
Abwertung des Buchsortiments
Generell kann ein Abschlag von 60 % auf den Netto-Verkaufspreis durchgeführt werden. Die so arbeitsintensive Einzelbewertung ist i.d.R. nicht mehr erforderlich. Wer aber einen Teil der Ware einzeln bewerten möchte, muss dies durchgängig tun und darf dann nicht mehr noch einen anderen Teil der Ware pauschal abwerten. Völlig ausgeschlossen wurde die Staffelbewertung, die je nach Alter der Ware unterschiedliche Abwertungssätze vorsah. Deswegen gilt: halten Sie Ihren Warenbestand möglichst jung und aktuell, denn auch sehr alte Ware bleibt mit einem Wert von 40 % des Netto-Verkaufspreises im Bestand! Dies gilt sogar auch für das moderne Antiquariat.
Abwertung des Non-Book-Sortiments
Alle Non-Books sind grundsätzlich mit den Anschaffungskosten zu bewerten. Diese können Sie recht einfach berechnen, wenn Sie die Ware zu Netto-Verkaufspreisen aufgenommen haben und wissen, wie Sie grundsätzlich kalkulieren. Bei der Regel „EK-Netto mal zwei plus MwSt.“ würden Sie den VK-Brutto um die MwSt. bereinigen und das Ergebnis halbieren. Das Finanzamt ist damit einverstanden, solange Sie die Zählprotokolle der Inventur und Ihre generelle Kalkulation an Hand einiger Beispiele vorlegen können. Ausnahmsweise können auch Non-Books einzeln bewertet werden, nämlich falls dieser einzelne Teilwert niedriger ist als die Netto-Anschaffungskosten.
Nutzen Sie also die Möglichkeiten der Abwertung Ihrer Waren. Zwar erhöhen Sie dadurch Ihren Wareneinsatz und verschlechtern Ihr Ergebnis, Sie zahlen aber auch nicht mehr Steuern als Sie müssen. Wozu dann aber die Forderung nach höchstens 65 % Wareneinsatz? Weil Ihr Rohertrag dann bei 35 % vom Umsatz liegt, und dieser genügen muss, um alle weiteren Kosten Ihrer Buchhandlung zu finanzieren.
Ausblick: Mit diesen Kostenarten beschäftigen wir uns im fünften Teil der Buchmarkt-Serie, dann insbesondere mit den Personalkosten.