Wie ticken Jugendliche 2012?

Wer mit Jugendlichen arbeitet, muss wissen, mit wem er es zu tun hat.

Allzu schnell schwebt beim Begriff „die Jugendlichen“ ein Bild durch den Kopf, das den jungen Menschen nicht gerecht wird. Daher haben die Deutsche Kinder- und Jugendstiftung, der BDKJ, die Budeszentrale für politische Bildung, Misereor, die Bischöfliche Medienstiftung der Diözese Rottenburg-Stuttgart und der SWR die Sinus-Jugendstudie „Wie ticken Jugendliche 2012“ beim Heidelberger Sinus-Institut in Auftrag gegeben.

Während typische Jugendstudien den Schnitt horizontal ansetzen und die Jugendlichen als eine Gruppe von den Erwachsenen trennen, geht die Sinus-Jugendstudie weiter und findet auch vertikale Trennlinien. Damit wird sie der eigentlich banalen Einsicht gerecht, dass es „die Jugendlichen“ gar nicht gibt. Was aber die verschiedenen Jugendlichen jeweils ausmacht, dafür braucht es eben eine tiefergehende Unterscheidung.

Wer Jugendliche ernst nehmen will, muss sich auf die Vielfalt ihrer Lebenswelten einlassen. Denn sie unterscheiden sich nicht nur durch ihre Bildung und soziale Einordnung, sondern auch durch ihre Werte und Lebensziele. Und gleichzeitig unterscheiden sich Jugendliche 2012 von Jugendlichen früherer Jahre. Heute sind sie herausgefordert von einer zunehmend digitalen und vernetzen Welt, dem Aufbrechen überkommener Lebenspläne, den Veränderungen in Familie und Gesellschaft, der wirtschaftlichen Situation, der globalisierten Kultur und dem Begriff der Jugendlichkeit überhaupt, den ihnen die Elterngeneration streitig macht.

Auf diese Herausforderungen reagieren Jugendliche sehr unterschiedlich, auch je nach den Möglichkeiten und Perspektiven, die ihnen geboten werden. Während bildungsnahe Jugendliche sich pragmatisch mit den Ansprüchen ihres Umfeldes auseinandersetzen, kommt bei bildungsfernen Frust und Unsicherheit auf. Wer schlechte Chancen hat oder sich überfordert fühlt, sucht die Sicherheit von Familie und sozialem Umfeld. Aber gerade da, wo diese Strukturen schwach sind, sind Jugendliche auf sich selbst gestellt. So zeigt die Studie die Gruppe der Prekären auf, die am Rand der Gesellschaft stehen und meist mit völligem Rückzug auf ihr Scheitern reagieren.

Jugendliche sind 2012, auch notgedrungen, Medienmenschen. Das Fernsehen spielt weiterhin eine große Rolle, aber das Internet ist ebenso präsent und unverzichtbar. Dabei gehen nicht alle gleich mit den Medien um. Einige sind gut informiert, andere fühlen sich unsicher und empfinden den raschen Wandel als beängstigend. Einige nutzen die Medien zur eigenen Darstellung, andere haben Angst, bloßgestellt zu werden.

Die vielen Herausforderungen werfen bei den Jugendlichen politische Fragen auf. Auch wenn kaum ein ausdrückliches Interesse für Politik vorhanden ist: politisch sind alle Jugendlichen. Sie prangern soziale Missstände an, sie kritisieren Politiker für ihre Distanz zur Bevölkerung. Auch ist bei vielen die Bereitschaft für soziales oder ökologisches Engagement vorhanden. Es scheitert jedoch meist an hohem Zeitdruck in der Schule oder einem Mangel an passenden Angeboten.

Mit der Kirche haben nur noch wenige Jugendliche etwas am Hut. Für viele ist sie eine überholte und festgefahrene Institution. Gleichwohl bleibt sie bei einigen Begleiter an den Lebenswenden. All das heißt aber nicht, dass Jugendliche nicht religiös wären. Sie trennen Religion von Kirche oder auch Glaube von Religion. Feste Konzepte stehen im Verdacht, Unfriede zu stiften und unnötig einzuengen. Die Orientierung an Ideologien ist insgesamt gering, weil für die Ansprüche der modernen Gesellschaft pragmatische Lösungen angemessener sind. Damit wird das Hier und Jetzt wichtig, für diese Zeit werden Antworten gesucht.

Um die Unterschiede zwischen den Jugendlichen besser zu verstehen, bietet die Studie sieben Lebenswelten an:

 

Wer nun Jugendliche erreichen will, muss wissen, wer diese Jugendlichen sind, was sie wollen und was sie ausmacht. Ihre Anfragen sind gestellt, wer sie erfahren will, muss sich auf ihre Lebenswelten einlassen. Um Ihnen dabei eine kleine Hilfe zu geben, wollen wir Ihnen in loser Serie an dieser Stelle die verschiedenen Lebenswelten vorstellen.

Die Studie:

Calmbach, Marc; Thomas, Peter Martin; Borchard, Inga; Flaig Bodo: Wie ticken Jugendliche? Lebenswelten von Jugendlichen im Alter von 14 bis 17 Jahren in Deutschland, Verlag Haus Altenberg 2012.

Sie wollen Jugendliche besser erreichen? Wir beraten Sie gerne bei Ihren medialen Aktivitäten und kommunikativen Herausforderungen. Wenden Sie sich mit Ihren Anliegen an Georg Frericks.