Wie ticken adaptiv-pragmatische Jugendliche?
Mit einer Gesellschaft, die Flexibilität fordert und fördert, kann man sich arrangieren. Das ist es, was die adaptiv-pragmatischen Jugendlichen in ihrem Leben verwirklichen. Sie passen sich den modernen Ansprüchen an und unterwerfen sich nicht einem bestimmten Konzept von Lebensführung. Sie wollen möglichst normal sein, was aber auch heißt, dass sie zu bestimmten bürgerlichen Werten, etwa der Familie stehen. Dabei finden sie sich damit ab, dass ihr Streben nach einem geordneten Leben mit den Ansprüchen einer modernen Gesellschaft kollidiert.
Ihr Leben planen diese Jugendlichen durch, aber passen es auch bewusst an fremde Vorgaben an. Die Ziele, die sie sich setzten, haben Konsequenzen, die sie auf sich nehmen. Das Ziel dieser Bemühungen ist ein gutes, harmonisches Leben, ohne dass es extravagant sein soll. Der Erfolg im Leben misst sich im Besitz von Dingen, wobei sie nicht grenzenlosen Konsum suchen, sondern sich immer auch von Nützlichkeitserwägungen leiten lassen. Ziele im Leben will man mit Hilfe von rationalen Entscheidungen möglichst direkt erreichen.
Die Familie ist den adaptiv-pragmatischen Jugendlichen sehr wichtig, sie sind aber nicht in ihr verhaftet. Hier erfahren sie die Unterstützung, die sie für den Alltag brauchen. Familie ist auch ein fester Bestandteil von Zukunftsplänen. Fast ebenso wichtig sind aber auch Freunde, in der Freizeit und als Ansprechpartner in allen Lebenslagen. Freunde findet man vor allem in der Schule, beim Hobby oder in der Nachbarschaft. Man verbringt gerne Zeit in der Gruppe oder zu zweit. Auch diese Treffen sind meistens vorher geplant.
Musik und Freizeit werden nicht in Abgrenzung zu anderen Jugendlichen ausgewählt, man will auch hier möglichst normal sein. Statt ins Theater geht man lieber in ein Musical, das Kino steht ganz weit oben bei den Freizeitbeschäftigungen.
Vor allem Mädchen lesen, Zeitschriften werden aber bei beiden Geschlechtern gleichermaßen konsumiert. Die Jugendlichen folgen oft angeleiteten Hobbys, die aber immer hinter der Schule zurückstehen. Dabei spielt der Sport eine große Rolle. Durch die vielen Hobbys und die Schule ist der Terminkalender meistens bereits straff durchgeplant, sodass wenig Zeit zur freien Verfügung bleibt. Diese verbringt man dann mit den Freunden oder mit dem Partner.
Die neuen Medien sind selbstverständlich Teil der Lebenswelt der Adaptiv-Pragmatischen. Ein PC gehört zur Standardausstattung; auf ihm wird gesurft, aber auch für die Schule gearbeitet. Auch ein Handy oder Smartphone haben fast alle. Fernsehen hat gegenüber dem Internet weniger Bedeutung, viele Sendungen schaut man sich auch online an.
Beim Austausch im Internet ist Chatten wichtiger als E-Mail. Dieses Medium gilt schon fast als zu langsam. In sozialen Netzwerken vernetzt man sich vor allem mit Menschen, die man auch im echten Leben kennt. Hier tauscht man sich über Neuigkeiten aus, hält sich aber zurück, was persönliche Dinge angeht. Bezüglich des Datenschutzes gibt man sich informiert und wählt die für passend gehaltenen Einstellungen.
Weil ein guter Schulabschluss wichtig ist, um die eigenen Ziele zu erreichen, erfährt die Schule viel Aufmerksamkeit, auch wenn man hier nicht allzu viel Zeit verbringen will.
Politik ist für die adaptiv-pragmatischen Jugendlichen nicht interessant, man verfolgt aber das aktuelle Geschehen, um für die Schule vorbereitet zu sein. Gerade Themen der sozialen Sicherung werden wahrgenommen. Die Jugendlichen fühlen sich zwischen Eliten und Prekären eingeengt und versuchen sich besonders von letzteren bewusst abzusetzen. Ihnen unterstellt man, das soziale System auszunutzen. Man fordert mehr Engagement von Schwächeren, hat aber auch einen ausgeprägten Gerechtigkeitssinn.
Für ein eigenes soziales Engagement reicht zumeist die Zeit nicht aus. Trotzdem ist man demgegenüber offen. Geschätzt werden Formen, wo mit wenig Zeitaufwand etwas bewirkt werden kann, etwa das Spenden. Viele können sich Engagement nach der Schule in Form eines FSJ oder eines Auslandsaufenthaltes vorstellen.
In dieser Lebenswelt findet sich kein besonderer Bezug zur Kirche, man ist eher weniger gläubig. Der Glaube gilt den Jugendlichen als Privatsache, mit einer Kirche hat er auch nichts zu tun. Es gibt aber ein gewisses Interesse an spirituellen Angeboten. Bei den Christen ist ein Kirchenaustritt nicht geplant, weil man die Lebenswende-Riten in die Biografie mit eingeplant hat. Firmung oder Konfirmation hat man meistens auf Wunsch der Verwandten mitgemacht. Die Vorbereitung hat wegen der Gruppen gefallen, besonders relevant war sie aber nicht. Über die Kirche weiß man wenig und kritisiert an ihr vor allem ihre Schwerfälligkeit. Positiv sieht man das caritative Engagement.
Die Kirche wird es schwer haben, die adaptiv-pragmatischen Jugendliche zu erreichen. Anschlussfähig ist sicher ihr Interesse an positiven Gruppenerfahrungen und spirituellen Angeboten. Ebenso kann die Kirche sich als Partner für mögliche Lebenskrisen anbieten. Sie wird jedoch zuerst sich selbst und ihre Ausdrucksformen vermitteln müssen.
Sie wollen Jugendliche besser erreichen? Wir beraten Sie gerne bei Ihren medialen Aktivitäten und kommunikativen Herausforderungen. Wenden Sie sich mit Ihren Anliegen an Georg Frericks.
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