Karsten Henning, Referat Medienkompetenz/Neue Medien im Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz, Bonn.
5. AUGENBLICKE – Kurzfilme im Kino
„Dass Kirche sich um Kurzfilme kümmert, finde ich erstaunlich und ganz toll!“ So oder so ähnlich äußern sich manche Kinobesucher zu „AUGENBLICKE – Kurzfilme im Kino“, die 1992 im traditionsreichen Rex-Kino auf der Kulturmeile in Bonn-Endenich starteten. Wir pflegen hier eine wenig beachtete Medienart, weil wir dem Kurzfilm Lebensräume, die nur im Kino funktionieren, geben. Es geht aber nicht nur um das Überleben des Kurzfilms, der sich seine Existenz, digitalen und ästhetischen Evolutionen unterworfen, im Metamedium Internet neu rechtfertigt, sondern auch um seine ganz spezielle Art der Ansprache.
Kurzfilme sind nach uneinheitlicher Definition nicht länger als 30 Minuten. Am liebsten sind mir persönlich die mit höchstens fünf Minuten Länge. Je kürzer, desto dichter ist eben diese Ansprache. Dramaturgie lernt der angehende Filmemacher durch den Kurzfilm. Der Plot muss ansprechend, stimmig, spannend, eben handwerklich dramaturgisch korrekt gebaut sein. „Dichtung“ bekommt hier über die „Verdichtung einer Geschichte“ eine ganz besondere Bedeutung. (Ver-)Dichtung hat immer mit Reduktion von Komplexität, mit Selektion, also Dekonstruktion und Rekonstruktion und Inszenierung (neuer) Sinnhorizonte zu tun. Kurzfilme sind also kurze Filme, die überschaubar Themen faszinierend auf den Punkt bringen.
Die kurzfilmische Eigenschaft in seiner Ansprache aber zeigt sich neben der Kürze und seiner verdichteten Dramaturgie auch in seinen unterschiedlichen Genres und Ästhetiken. Es gibt nichts, was es nicht gibt. Zunächst sind da die Hauptgenres: der Kurzspielfilm, der Animationsfilm, der kurze Dokumentarfilm und der Experimentalfilm.
Zu den Kurzfilmen dazurechnen möchte ich z. B. auch die Musikvideos im Fernsehen, die aber durch die marketingmäßige Verzweckung an künstlerischem Eigensinn verlieren können. Generell gehört der Kurzfilm aber zu einer Spartengattung, welche in der Regel keinen Verwertungsinteressen unterworfen ist und so über künstlerische Freiheit und Authentizität verfügt. Genial ist die Entwicklung und Verbreitung von Kurzfilmen auf Internetplattformen. Auch dies verleiht der Gattung neue Vitalität.
Bei der vorbereitenden Sichtung von ca. 200 Filmen für eine neue Rolle für „AUGENBLICKE“ ist das Besondere von Kurzfilmen handund herzgreiflich zu spüren. Da finden aufgrund präzisen Handwerks, guter Geschichten und brillanter Ästhetik filmische An-Sprachen statt, die sich weitgehend von dem unterscheiden, was sonst in den Massenmedien geboten wird. Es sind die anderen Sichtweisen, die Identifikationen und Projektionen, das Herz und den Kopf treffende Storys, die die Qualität ausmachen. Letztlich ist es beim gehobenen Kurzfilm die Transzendierung der Wahrnehmung, die das ANDERE zu erkennen gibt. Die Faszination des AUGENBLICKS, in dem die Zeit stehen zu bleiben scheint und in dem Unendlichkeit und Endlichkeit sich berühren, lassen Filmgespräche zuweilen zu Emmauserlebnissen werden.
Und dann können AUGENBLICKE in die Kommunikation mit einschwingen und Zeugnis für eine mediale und kommunikative Diakonie der Kirche ablegen.
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