Kennzahlen im Buchhandel - Kennen, Verstehen und Nutzen!

Bilanzkennzahlen

Zum Start unserer Reihe beschäftigen wir uns mit der Bilanz: Ihr Überblick über das Vermögen der Buchhandlung.  


Die Bilanz – wie viel Vermögen gehört Ihnen am Stichtag?

Trocken formuliert, zeigt die Bilanz im Wesentlichen fünf Dinge:

  1. Wie viel Geld in Ihrer Buchhandlung steckt (Bilanzsumme)
  2. Wie viel davon Ihnen selbst gehört (Eigenkapital)
  3. Wie viel Geld, das in Ihrer Buchhandlung steckt, anderen gehört (Fremdkapital)
  4. Worin das gesamte Geld konkret steckt (Betriebs- und Geschäftsausstattung, Verkaufswaren, flüssige Mittel und Abgrenzungsposten zum Geschäftsjahreswechsel sowie im Extremfall: Überschuldung).
  5. Und dies alles zu einem ganz bestimmten Zeitpunkt. Davor oder danach sieht es ganz anders aus!
Bilanz (C) MDG

Die Bilanz wird am Ende jedes Geschäftsjahres erstellt. Sie besteht aus zwei Seiten: links die Verwendung des Geldes (Aktiva) und rechts die Herkunft des Geldes (Passiva), also wessen Geld in Ihrer Buchhandlung steckt: Ihr eigenes Kapital (I. Eigenkapital) in drei Positionen:

  1. die Gründungseinlage zu Beginn des Unternehmens: Stammkapital
  2. die kumulierten Gewinnrücklagen der vergangenen Jahre: Rücklagen
  3. das Ergebnis des letzten Geschäftsjahres: Jahresergebnis, dann die zurückgestellten Mittel für zukünftige Aufwendungen (II. Rückstellungen) und das Kapital fremder Gesellschaften und Privatpersonen (III. Fremdkapital) in drei Positionen:

  1. Darlehen (Bank oder auch von privat; langfristig) und Kontokorrent (Girokonto, kurzfristig): Verbindlichkeiten bei Kreditinstituten
  2. offene Rechnungen Ihrer Lieferanten: Verbindlichkeiten aus Lieferung und Leistung
  3. Steuerschulden wie Umsatzsteuer: Verbindlichkeiten gegenüber dem Finanzamt

Wenn Sie nun Ihre Bilanz in den Händen halten, wollen Sie sie natürlich verstehen und wissen, ob sie jetzt gut oder schlecht ausgefallen ist. Zunächst einmal interessieren Sie sich für Ihr Jahresergebnis, das auf der Passivseite im Eigenkapital steht. Es zeigt Ihnen an, ausgehend vom Betriebsergebnis Ihrer Gewinn- und Verlustrechnung, abzüglich ggf. zu zahlender Ertrags- und Gewerbesteuern sowie von Gewinnausschüttungen an den Inhaber der Buchhandlung, wie viel von dem erwirtschafteten Kapital am Ende des Wirtschaftsjahres dem Eigenkapital des Unternehmens zugeführt wurde – oder aber, wenn die Zahl negativ ist, herausgenommen wurde. Dieser Betrag verändert in der Bilanz des Folgejahres die Position der Rücklagen. Diese Rücklagen sind die Summe aller Jahresergebnisse der Vorjahre seit Gründung der Buchhandlung. Zusammen mit dem Stammkapital, das seit der Gründung des Betriebs existiert, ergeben Jahresergebnis und Rücklagen das gesamte Eigenkapital (EK).

Welche Höhe des Eigenkapitals ist nun eine gute? Wichtig ist der Anteil des EK am Gesamtkapital Ihrer Buchhandlung, also an der Bilanzsumme. Für diesen Anteil gibt es keine Referenzwerte aus dem Betriebsvergleich. Dennoch gilt: derzeit lassen sich mit eigenem Geld am Finanzmarkt nur schwer höhere Renditen erwirtschaften als sie für ein Darlehen an Zinsen fällig werden. Darum sind Darlehen möglichst niedrig und die EK-Quote möglichst hoch zu halten. Ein Erfahrungswert ist, dass eine EK-Quote von unter 25 % der Bilanzsumme Anlass zur Sorge ist.

Rückstellungen bilden Sie auf Basis des Vorsichtsprinzips für vorhersehbare Aufwendungen, deren Höhe noch nicht klar ist. Da dies von individuellen Anlässen wie anstehenden Gerichtsprozessen oder unter Umständen auch größeren Umbauten abhängt, kann hier keine Quote als gut angegeben werden. Rückstellungen verschlechtern zwar Ihr aktuelles Betriebsergebnis, haben aber „Eigenkapitalcharakter“ und verbessern bei ihrer Auflösung das Betriebsergebnis des Folgejahres.

Der Rest der Bilanzsumme ist das Fremdkapital (FK), anteilig ausgedrückt als die FK-Quote. Sie sollte folglich nicht höher als 75 % des Gesamtkapitals sein. Bei inhabergeführten Buchhandlungen kann eine Überschuldung eintreten. Dies ist der Fall, wenn das EK vollständig aufgebraucht und das FK größer ist als die AV und UV zusammen. Das EK wird dann im Aktiva ausgewiesen.

Während einige Bestandteile des FK wie die Lieferanten- und die Steuerverbindlichkeiten innerhalb bestimmter Fristen kostenlos bleiben, sind Darlehen sowie Kontokorrentverbindlichkeiten mit z. T. sehr hohen Zinsen zu bezahlen. Wer mehr als 10 % Kontokorrentzinsen zahlt, sollte dringend mit seiner Bank über diese Höhe sprechen. Ein überzogenes Girokonto sollte unbedingt vermieden werden. Wenn es passiert ist, sollte es ggf. in ein langfristiges Darlehen umgewandelt werden.

Denken Sie bei Darlehen immer daran, dass die Tilgungsleistungen aus dem versteuerten Gewinn des Betriebs zu leisten sind!

Auf der Aktivseite Ihrer Bilanz können Sie aus dem Wert Ihres Anlagevermögens (AV) abschätzen, wie aktuell diese Betriebs- und Geschäftsausstattung bzw. Lizenzrechte noch sind – oder ob Sie sich auf eine baldige Neuinvestition einstellen müssen, wenn z. B. das AV schon fast oder bereits ganz abgeschrieben ist. Spätestens ab einer AV-Quote von der Bilanzsumme von 10 % und niedriger ist eine Reinvestition zu planen. Die Kapitalverwendungsquote gilt als gut, wenn Ihr Eigenkapital gemeinsam mit den Rückstellungen größer ist als Ihr Anlagevermögen. Meine Kritik an dieser Empfehlung: Ihr EK ist keineswegs gut verwendet, nur weil es größer ist als Ihr weitgehend abgeschriebenes AV!

Jede Investition setzt Kapital voraus. Um kein weiteres Fremdkapital aufnehmen zu müssen, sollten ausreichend hohe Geldmittel (liquide Mittel) vorhanden sein. Diese sind ein Bestandteil des Umlaufvermögens (UV). Das UV zeigt an, in wie weit Sie es geschafft haben, Ihre flüssigen Mittel nicht vollständig für Waren (also Verkaufsgüter) auszugeben, sondern einen beträchtlichen Teil des Geldes zurückzuhalten bzw. in kurzfristige Finanzanlagen wie z. B. Tagesgeld zu investieren. Sie wissen ja, „Lagerware kostet Liquidität“ und „Geld kann man nur einmal ausgeben“. Ob Ihre Liquidität gut ist, sagen weniger Quoten an der Bilanzsumme, als vielmehr folgende Kennzahlen:

  1. Ihre liquiden Mittel sollten immer größer sein als Ihr aktueller negativer Kontokorrent! (Liquidität 1. Grades)
  2. Ihre liquiden Mittel zzgl. aller kurzfristiger Forderungen sollten immer größer sein als Ihre kurzfristigen Verbindlichkeiten wie Steuer- , Lieferanten- und Kontokorrentverbindlichkeiten zusammen! (Liquidität 2. Grades)
  3. Ihre liquiden Mittel zzgl. der kurzfristigen Forderungen und aller Waren (zu abgewerteten Bilanzwerten) sollten mindestens so groß sein wie Ihre durchschnittlichen monatlichen Ausgaben, also ein Zwölftel aller Kosten im Jahr exkl. der Abschreibungsbuchungen für Ihr AV. (Liquidität 3. Grades)

Essentiell ist, dass Sie Ihre Forderungen, die am Stichtag Ihrer Bilanz offen waren, grundsätzlich immer zügig eintreiben und hier nur geringe Geduld beweisen. Diese Zahl sollte also immer möglichst klein sein.

Der Großteil Ihrer Aktiva sind üblicherweise die Verkaufswaren, also alle Waren aus Buch und Non-Book. Auch hier liegen keine Vergleichswerte vor. Mehr als 70 % der Bilanzsumme sind aber mit Vorsicht zu genießen, da dann der Anteil für das AV sowie für liquide Mittel zu gering wird. Da die Waren in der Bilanz ohnehin nur mit abgewerteten Inventurzahlen aufgenommen werden, sind die tatsächlich vorhandenen Warenbestände noch weitaus höher. Eine Buchhandlung braucht natürlich einen bestimmten Bestand an Waren, um durch ihren Verkauf mit Hilfe der Handelsspanne Gewinne zu erwirtschaften. Sind aber mehr als 70 % des Kapitals in Waren gebunden, ist das Lager genauer unter die Lupe zu nehmen. Doch darüber schreiben wir in einer der nächsten Ausgaben.

Die letzte Position auf der Passivseite sind die Rechnungsabgrenzungsposten für über den Geschäftsjahreswechsel hinausgehende Aufwendungen. Diese Zahlen sind i.d.R. gering und vernachlässigbar.

Ausblick: Im nächsten Teil der Serie beschäftigen wir uns mit „Kennzahlen für den täglichen Bedarf“ wie Verkaufsvorgängen, Umsatzentwicklung und Personalleistung.